Wochenschau

 

Die politische Wochenschau

 

vom 10. bis 16. Mai 2003

Schlagzeilen der Woche   zusammengestellt von Christian Klee  

 

"Rechtsextremismus" im Jahr 2002

Irak soll in Besatzungszonen aufgeteilt werden

 

 

Zitat der Woche:
"Man ist fertig, man ist ein lebendiger Toter, nicht wenn man zu lieben, sondern, wenn man zu hassen aufgehört hat. Der Hass erhält: in ihm, in seiner Chemie wohnt das Geheimnis des Lebens. Nicht von ungefähr ist er das beste Stärkungsmittel, das man je gefunden hat, und noch dazu wird er von jedem, auch dem schwächsten Organismus, ertragen."
- Emile M. Cioran

Bundesinnenminister Schily (SPD) stellte den Verfassungsschutzbericht 2002 vor. Danach wurden 10.700 sogenannte militante Rechtsextremisten gezählt - vor allem Angehörige der sogenannten Skinhead-Sub“kultur“. Die 2600 „Neonazis“ waren in rund 160 Kameradschaften organisiert, die jedoch zusehends von Skinheads infiltriert wurden. Mancherorts haben die Billardkugeln auch mit dem Aufbau eigener Parallelstrukturen begonnen. Generell nimmt der Anteil der Skinheads am militanten Rechtsextremismus zu, was sicherlich dem Fischen von NPD und Freien Nationalisten in trüben Teichen zu verdanken ist - sowie dem Unwillen der Verantwortlichen, sich einzugestehen, dass man hier auf eine vollkommen verkehrte Klientel setzt, und der Unfähigkeit, aus dem selbsterrichteten rechten Ghetto auszubrechen. Erstmals seit 1996 erlebte die NPD einen Mitgliederrückgang um 400 auf 6100, während die Jungen Nationaldemokraten mit rund 500 Mitgliedern stabil blieben. Schwerpunkte der NPD sind Sachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen, wobei in NRW dramatische Mitgliederverluste hingenommen werden mussten. Die JN sind laut VS zum seelenlosen Anhängsel der Mutterpartei verkümmert. Es gibt kein Zentralorgan der Jugendorganisation mehr, größere eigenständige Veranstaltungen blieben ebenfalls aus. Die DVU des reaktionären Immobilienhais und NS-Devotionalienhändlers Frey schrumpfte um 2000 auf 13.000 Mitglieder, sie fällt wie gehabt vor allem durch inkompetente Landtagsarbeit, primitive Rassenhetze und Geschichtsklitterung auf und dient vor allem den Profitinteressen des Partei-Führers. Nicht zuletzt infolge des Machtkampfes zwischen der Parteiführung um Schlierer und dem radikalen Flügel ging die Mitgliederzahl der kleinbürgerlichen Republikaner um 2500 auf 9000 zurück. Die Republikaner sind auch weiterhin eine beinahe ausschließliche Westpartei. Tief in der Krise steckt die rechtsextreme Publizistik: Die Gesamtauflage der zumeist bestenfalls zum Auspolstern durchgelaufener Schuhe tauglichen rechten Periodika (von 95 % des „Internet-Rechtsextremismus“ ganz zu schweigen!!!) fiel um 1 Million auf 4,7 Millionen Stück. Ebenfalls zu verzeichnen ist der weitere Rückgang der Verlagslandschaft - was angesichts der Qualität der Veröffentlichungen nicht weiter verwunderlich ist. Die NPD kümmert sich als einzige größere Organisation um so etwas wie Theoriebildung, auch wenn man dazu neigt, bei reaktionär-ständestaatlichen Modellen des 19. Jahrhunderts stehenzubleiben. Den Großteil der Freien Nationalisten muss man - von löblichen Ausnahmen abgesehen! - leider als an Politik völlig uninteressiert bezeichnen - mensch beschränkt sich hier auf das Zusammenrechnen von Demonstrationen, Teilnehmerzahlen und zurückgelegten Kilometern und bringt höchstens Worthülsen zustande.

 

Auf der anderen Seite des politischen Hufeisens ist die Zahl der militanten Linksextremisten um 1500 auf 5500 zurückgegangen, was vor allem auf massive Substanzverluste bei den sogenannten Autonomen zurückzuführen ist. Das Konzept des Revolutionären Antifaschismus führte bestenfalls zur Heranzüchtung von Ein-Punkt-Antifas, die im Grunde genommen genauso unpolitisch sind wie ihr Skinhead- und Fascho-Pendant auf der rechten Seite. Als Hochburgen der Autonomen gelten weiterhin Berlin, Schleswig-Holstein und Hamburg. VS-Bericht: „Den Rahmen ihrer oftmals spontanen Aktivitäten bilden diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente, durchweg geprägt von diversen Anti-Einstellungen („antifaschistisch“, „antikapitalistisch“, „antipatriarchalisch")." Die von der ehemaligen AA/BO angestrebte Neuorganisation und Straffung scheiterte an allgemeinem Desinteresse. Erstmals seit Jahren verzeichnete die DKP einen Mitgliederzuwachs um 200 auf 4700 Genossen. Allerdings hat die Partei mit internen Spannungen zwischen den west- und ostdeutschen Gruppen zu kämpfen, das Parteiorgan "Unsere Zeit" steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Wer noch immer von der Arbeiterklasse als revolutionärem Subjekt fabuliert und damit theoretisch noch hinter die KPD der frühen 30er Jahre zurückfällt, braucht sich allerdings auch nicht über solcherlei Probleme zu wundern. Im Parteivorstand der DKP sitzen interessanterweise 34 Westdeutsche und 1 Vertreter aus dem Osten. Als relativ stabil erwies sich die MLPD. Bei selbstgewählter Isolation von anderen linken Gruppen konnte sie ihren Mitgliederstand von knapp unter 2000 halten. Die selbstgesteckten Spendenziele wurden erstmalig deutlich verfehlt, auch die Nichtteilnahme an den Bundestagswahlen deutet auf organisatorische und finanzielle Schwierigkeiten hin. Die PDS verlor 6000 ihrer 84.000 Mitglieder - allerdings steigerten die fundamentaloppositionell ausgerichteten West-Landesverbände ihre Mitgliederzahl um 800 auf 4800.

 

Nach jahrzehntelangen Spekulationen flog der Topagent auf, den die britischen Geheimdienste unter dem Decknamen Stakeknife an führender Stelle innerhalb der Provisional IRA untergebracht hatten. Hierbei handelte es sich nicht etwa um den als heißen Kandidaten gehandelten Gerry Adams, sondern um Alfredo Scappaticci. Der Maulwurf arbeitete seit den frühen 70er Jahren innerhalb der IRA und leitete lange Jahre hindurch deren Sicherheitsdienst, die gefürchtete Internal Security Unit. Damit saß er zugleich im Generalstab der Untergrundarmee. In seiner Funktion konnte Scappaticci zahlreiche gefährliche IRA-Aktivisten ans Messer liefern und versorgte die britische Kolonialmacht mit wichtigen Interna der Provisionals. Um seine Identität nicht zu gefährden, unternahmen die Briten nichts gegen zahlreiche ihnen bekannte IRA-Operationen. Stakeknife und seinen Führungsagenten des Armeenachrichtendienstes FRU wird die Verantwortung für mindestens 40 Morde angelastet. Für seine verräterische Tätigkeit kassierte Scappaticci jährlich rund 80.000 Pfund. In der irischen und britischen Öffentlichkeit kam es nach dem Outing des Verräters durch die Presse und unzufriedene Ex-Agenten zu heftigen Diskussionen. Von interessierter Seite, unter anderem von der Parteiführung Sinn Féins, wurde versucht, die Affäre herabzuspielen bzw. Scappaticci von dem Verdacht reinzuwaschen. Nichts desto Trotz versetzte der Skandal dem Ansehen und dem Selbstbewusstsein der Provisional IRA einen vernichtenden Schlag. Der enttarnte Verräter dementierte alle Anschuldigungen und kündigte rechtliche Schritte an. Stakeknife scheint entweder ein Dummkopf oder ein außergewöhnlich mutiger Mensch zu sein, denn er hält sich noch immer in West Belfast auf. Nach Berichten aus Medien und Regierungskreisen sollen die Briten allerdings noch über mindestens einen weiteren Topagenten in der Führung der IRA bzw. Sinn Féins verfügen. Pikant mutet an, dass ausgerechnet der immer wieder von Gerüchten um eine Agententätigkeit für den britischen Inlandsgeheimdienst umwehte Gerry Adams der geistige Vater der Internal Security Unit ist und auch eifrig dafür sorgte, dass die Kontrolleure von niemandem kontrolliert wurden. Vielleicht ist Scappaticci sich ja sicher, dass einflussreiche Personen innerhalb der republikanischen Bewegung die Hand über ihn halten.

 

Da wir beim Thema sind: Nachdem bereits hinlänglich bekannt ist, dass die loyalistische Ulster Defence Association in den 80ern und 90ern faktisch als Todessschwadron der Briten fungierte, flog nunmehr auch ein Zirkel von Mitgliedern der Ulster Volunteer Force und Mitarbeitern von Armee und Polizei auf, über den nachrichtendienstliche Informationen über Aktivisten von IRA und Sinn Féin an diese protestantische Miliz übergeben wurden.

 

Bei Zusammenstößen zwischen Parteigängern der Loyalist Volunteer Force und der rivalisierenden Ulster Volunteer Force in East Belfast wurde eine Person durch Schusswunden schwer verletzt. Die LVF dementierte mittlerweile, sie sei für den Mord an Jim Johnston letzte Woche verantwortlich. Johnston, Drogenbaron und Bauunternehmer, gehörte den mit der UVF verbündeten Red Hand Commandos an und war im vergangenen Jahr in die Ermordung des LVF-Aktivisten Stephen Warnock verwickelt. Das Attentat soll vielmehr auf eine Abrechnung unter Drogenhändlern innerhalb der RHC zurückzuführen sein - als wenn die LVF nicht selber bis über beide Ohren im Drogengeschäft stecken würde. Interessanterweise äußerte auch Billy Hutchinson von der Progressive Unionist Party, dem politischen Sprachrohr der UVF, Zweifel an der Täterschaft der LVF.

 

Frustrierte Loyalisten und die nationalmarxistische Irish Republican Socialist Party, der politische Flügel der Untergrundarmee INLA, befinden sich derzeit offenbar in Tuchfühlung, um die gemeinsame Kritik am Karfreitagsabkommen auszuloten: Sowohl die katholische als auch die protestantische Unterschicht profitieren wenig vom Friedensprozess, der vor allem auf die Interessen der nordirischen Bourgeoisie ausgerichtet ist. Die IRSP forderte die republikanische Bewegung auf, mit den herkömmlichen Nationalismus zu brechen und sich in Richtung einer sozialistischen Schwerpunktsetzung zu orientieren. Republikanische Hardliner schickten eine Briefbombe an David Trimble, den Parteivorsitzenden der größten Protestantenpartei UUP. Die kleine Sprengladung explodierte in der UUP-Parteizentrale und richtete nur geringen Sachschaden an. Gareth O´Connor, Aktivist des der Real IRA nahestehenden 32 County Sovereignty Movement, wurde offenbar von Angehörigen der Provisional IRA entführt und ermordet. Die RIRA wurde zudem erneut von der US-Regierung auf die Terrorliste gesetzt. Damit sind für 2 weitere Jahre polizeiliche und finanzielle Maßnahmen gegen ihre Anhänger und diejenigen des 32CSM möglich.

 

Als nächster Beitrittskandidat stimmte die baltische Republik Litauen über den 2004 anstehenden Anschluss an die Europäische Union ab. Entgegen anderslautender Prognosen stimmten die Litauer mit 91 % dem EU-Beitritt zu. Die breite Zustimmung ist nicht zuletzt auf den Einfluss der katholischen Kirche zurückzuführen - die Geistlichen riefen von der Kanzel herab dazu auf, mit „Ja“ zu stimmen. Im Gegensatz zu den Beitrittsgegnern hielten sich die proeuropäischen Behörden nicht an die Vereinbarung, kurz vor Beginn des Referendums die Propaganda einzustellen.

 

Angesichts der chaotischen Zustände im Irak musste der offensichtlich überforderte US-Protektor Jay Garner seinen Hut nehmen. Ersetzt wird er durch Paul Bremer, wie Garner ein dem Pentagon nahe stehender Reaktionär aus Reagan-Zeiten. Mit Garner gehen große Teile seines Personals, das auf ganzer Linie bei der Wiederherstellung geordneter Verhältnisse versagte. Weiterhin erfreuen sich die anglo-amerikanischen Besatzer höchstens der Unterstützung ihrer kurdischen Kollaborateure, während die sunnitischen und schiitischen Araber die Fremdherrschaft und die Anwesenheit ausländischer Truppen strikt ablehnen. Nach seiner Rückkehr machte Hakim, Chef des schiitischen Hohen Rates für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI), die Ansprüche seiner Organisation geltend. "Wir wollen ein System, das den Willen des Volkes ausdrückt", sagte er bei einer Rede in Basra, wo ihn Zehntausende Iraker begeistert begrüßten. Hakim, ein entschiedener Saddam-Gegner, forderte die Schaffung eines "modernen islamischen Staates". „Wir dürfen niemals die Anwesenheit der Fremden dulden. Wir dürfen nicht ihre Sklaven sein. Wir müssen zeigen, daß wir uns selbst regieren können.“ Auf Anordnung der amerikanischen Eroberer wurde die irakische Baath-Partei mit ihren 1,5 Millionen Mitgliedern für aufgelöst erklärt, das gleiche Schicksal droht wohl auch der Republikanischen Garde. Derweil formiert sich der baathistische Widerstand um den ehemaligen Verteidigungsminister Hashim Ahmad. Die Rede ist von einer Guerrilla- und Terroroffensive zum Jahrestag der baathistischen Revolution am 17. Juli.

 

In absehbarer Zeit soll der Irak offenbar in militärische Besatzungszonen aufgeteilt werden, wobei das Pentagon in seiner unergründlichen Weisheit u.a. ausgerechnet Polen beteiligen wollte. Sehr bald bemerkten die amerikanischen Militärs jedoch, dass die polnische Armee zum einen logistisch maßlos überfordert ist und zum anderen nicht einmal über kompatible Kommandostrukturen verfügt. Genau an diesem Punkt kommt wieder die angeblich der amerikanischen Aggressionspolitik ablehnend gegenüberstehende BRD ins Spiel - Berlin will sich ein Stück vom irakischen Kuchen sichern und verhandelt bereits mit Washington um die Stellung von Bundeswehr-Söldnern als Besatzungstruppe.

 

Die von internen Konflikten geschüttelte PDS wird Ende Juni in Berlin einen Sonderparteitag abhalten, auf dem ein neuer Vorstand gewählt werden soll. Sicherheitshalber verpasste die Vorstandsmehrheit dem ungeliebten Parteilinken, Bundesgeschäftsführer Uwe Hiksch, einen Maulkorb. Hiksch darf somit nicht über die entscheidende Vorstandssitzung referieren, die den offenen Machtkampf zwischen Opportunisten und Fundamentaloppositionellen innerhalb der Partei auslöste. Um einen Zerfall der Partei zu verhindern, zauberte Zimmer den ehemaligen Bundesvorsitzenden Lothar Bisky als Verlegenheitskandidaten für den Vorstandsvorsitz aus dem Zylinder. Unterstützung erhält Bisky von den Vorsitzenden der ostdeutschen Landesverbände und der Landtagsfraktionen, den Regierungsmitgliedern der Partei sowie den Altkadern Hans Modrow, Gregor Gysi und André Brie. Informationen der „Berliner Zeitung“ zufolge spielen Teile der Parteilinken um Dieter Dehm und Hiksch bereits mit dem Gedanken, der PDS den Rücken zu kehren. Durch eine Abspaltung der linksgerichteten westdeutschen Landesverbände würde die PDS endgültig zur ostdeutschen Regionalpartei degenerieren. Die Kommunistische Plattform warnte die Parteirechte bereits vor einer - wie die Ergebnisse der letzten Wahlen zeigen - selbstmörderischen „Kumpanei mit Politikern des Neoliberalismus“. „Die konzeptionelle Position der Initiatoren der Forderung nach einem Sonderparteitag besteht erklärtermaßen darin, eine angebliche Entwicklungsoffenheit des gegenwärtigen Kapitalismus zu nutzen. Sie umgehen eine realistische Analyse des bestehenden politischen Kräfteverhältnisses. Sie drücken sich darum, die gegenwärtige kapitalistische Weltordnung als das zur Kenntnis zu nehmen, was sie ist: als entfesselter Kapitalismus, dominiert von der Kriegspolitik und dem Weltherrschaftstreben des US-amerikanischen Imperialismus. Sie verkennen, daß unabdingbare Grundlage sozialistischer Politik die Interessen der Lohnabhängigen und der sozial Ausgegrenzten sein müssen, die man nicht - wie in Berlin - in z. T. schwerwiegender Weise verletzen darf.
Die ganz pragmatische Funktion dieses Konzepts ist offensichtlich: Es geht um die Rechtfertigung des Mitregierens als angeblich tauglichen Weg politischer Gestaltung von links in den Bundesländern und im Bund. Der Sache nach handelt es sich um eine krasse Fehleinschätzung des gegenwärtigen Kapitalismus, der sich in ihm entfalteten Widersprüche und des in ihm bestehenden Kräfteverhältnisses. Dieser Kapitalismus zeichnet sich auf sozialem Gebiet eben nicht durch die Möglichkeit stetiger kleiner Schritte nach vorn aus, sondern durch die Realität großer Schritte nach rückwärts: Demontage des Sozialstaates und Verfälschung des Völkerrechts zur Legitimierung des Banditentums in den internationalen Beziehungen. Angesagt ist vor allem massenhafte Gegenwehr, um ein anderes politisches Kräfteverhältnis national und international zu erkämpfen. Regierungsbeteiligung führt unter dem gegenwärtigen politischen Kräfteverhältnis allzu oft, wie im besonders krassen Maße das Beispiel Berlin zeigt, zur Kumpanei mit den Politikern des Neoliberalismus und zur Zerstörung der unabdingbar notwendigen Kampfkraft einer sozialistischen Partei. Alternative Reformkonzepte haben durchaus ihren Sinn, aber nicht schlechthin als Angebote für Koalitionsvereinbarungen, sondern als Forderungen, für die gekämpft und mobilisiert werden muss
.“

 

Unter dem Dach des CIA-nahen Centre for Strategic & International Studies CSIS formierte sich unlängst eine auf die Interna der EU ausgerichtete pressure group. Zu den Mitgliedern gehören die ehemalige Außenministerin Madeleine Albright, ihr Amtskollege Warren Christopher, der berüchtigte Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski (Mitglied der Trilateralen Kommission), Reagans Verteidigungsminister Frank Carlucci, sein Kollege unter Clinton William Cohen, Ex-Vizepräsident Bob Dole, Lawrence Eagleburger als Sprecher der Internationalen Kommission für Versicherungsansprüche aus der Zeit des Holocaust, der in derartigen Angelegenheiten ebenfalls nicht unbekannte Stuart Eizenstat, die Wirtschaftsexpertin Carla Hills, General Electric-Vorstand Sam Nunn, der ehemalige US-Finanzminister und nunmehrige Kodad-Vorstand Paul H. O´Neill, der ehemalige NATO-Oberbefehlshaber in Europa, Alexander Haig und nicht zuletzt James Schlesinger als ehemaliger Verteidigungsminister und ex-CIA-Chef. CIA und CSIS wandten sich nunmehr in Gestalt dieses personell höchst verdächtigen Klüngels an die EU-Kommission und forderten nicht mehr und nicht weniger als die Hinzuziehung amerikanischer Vertreter zu innereuropäischen Angelegenheiten. Konkret sollen Vertreter der US-Regierung als Beobachter an Sitzungen der diversen EU-Ministerräte teilnehmen, parallel dazu will Washington Abgesandte des Kongresses als Sitzungsteilnehmer der die EU-Verfassung vorbereitenden Europäischen Konvension installieren. Natürlich alles nur, um weitere Zerwürfnisse im transatlantischen Bündnis zu verhindern. Unterstützt wird diese imperialistische Unverschämtheit durch den der sattsam bekannten Atlantik-Brücke e.V. nahestehenden German Marshall Fund. Sicherheitshalber wiederholen wir an dieser Stelle, dass uns der Imperialismus der EU oder der BRD ebenso unsympathisch ist wie derjenige der Vereinigten Staaten.

 

Trotz mehrerer Verbotsverfügungen demonstrierten im Baskenland Zehntausende gegen das Verbot des gesamtbaskischen Rates der Gemeindevertreter. Die gefürchtete baskische Bereitschaftspolizei Ertzaintza hielt sich demonstrativ zurück, da auch die gemäßigt nationalistische Regionalregierung mit der spanischen Repression alles andere als einverstanden ist. Auch die baskische Linke und die baskischen Gewerkschaften solidarisierten sich mit der Protestkundgebung. In deutschen Landen stellten sich erfreulicherweise das Antifaschistische Komitee Duisburg, die Autonome Antifa Lüdenscheid, die Antifaschistische Aktion Leverkusen, das TAYAD-Komitee Hamburg und der Palästina-Arbeitskreis Hamburg hinter den nationalen Widerstand des baskischen Volkes, ferner ist die Unterstützung der geschätzten Antiimperialistischen Koordination Wien hervorzuheben. Aus Protest gegen die Annullierung ihrer Wählerlisten sind mehrere Aktivisten der ETA-nahen Wahlplattform Autodeterminaziorako Bilgunea AuB in den Hungerstreik getreten.

 

Die Führung der baskischen Befreiungsorganisation ETA kündigte an, sie werde im Rahmen einer Klausurtagung die aktuelle Lage im Baskenland überdenken und die Resultate in Bälde bekannt geben. Immerhin haben die Etarras seit beinahe 3 Monaten keinen Anschlag mehr verübt. Grundsätzlich ist das Oberkommando der ETA bereit, jedweden Ausgang eines freien Referendums über die Zugehörigkeit des Baskenlandes zum spanischen bzw. französischen Staat zu respektieren. Spekulationen über eine Waffenruhe wurden jedoch drastisch enttäuscht. Die ETA erklärte kurz darauf: „Alle militärischen Fronten stehen nach wie vor.“ Ein Ende des bewaffneten Kampfes sei nur bei deutlichen Schritten hin zur baskischen Unabhängigkeit zu erwarten. Dem von der baskischen Regierung favorisierten Plan, das spanische Baskenland in einen mit Madrid assoziierten Staat umzuwandeln, wurde eine klare Absage erteilt. Ein unabhängiges Baskenland müsse auch Navarra und den französisch besetzten Landesteil einschließen. Für die anstehenden Kommunal- und Regionalwahlen rief die Untergrundarmee zur Stimmabgabe für AuB auf und schrieb der gemäßigt nationalistischen PNV und den Kommunisten ins Stammbuch, sie wollten sich lediglich an den Stimmen der baskischen Linksnationalisten bereichern und seien nicht ernsthaft an einer Lösung der baskischen Frage interessiert. In La Rochelle gingen der französischen Polizei vier mutmaßliche ETA-Aktivisten ins Netz. Zwei weitere Etarras wurden in Bordeaux verhaftet. Damit inhaftierten die französischen Sicherheitsbehörden seit Jahresbeginn 19 baskische Untergrundkämpfer.

 

Im Trianon Park Hotel, Versailles, wurde die diesjährige Bilderberg-Konferenz eröffnet, und zwar als offensichtliches Vorbereitungstreffen der G7-Konferenz in Paris. Wir erinnern: Bei den Bilderbergern handelt es sich um eine informelle internationale Diskussionsrunde, auf der die Vertreter vornehmlich des imperialistischen Westens und seiner Kollaborateure weltpolitische Fragen besprechen. Die letztjährige Bilderberg-Konferenz war von heftigen Kontroversen zwischen Europäern und Amerikanern geprägt, da hier erstmals seit langem die divergierenden imperialistischen Interessen offen aufeinandertrafen. Thema der Konferenz war vor allem die Lage im Nahen Osten. Weder hinsichtlich des Umganges mit dem unterjochten Irak noch hinsichtlich Palästina konnte Einigkeit erzielt werden. Zu Streitigkeiten kam es auch um die geplante EU-Armee und die anhaltende Dominanz der Amerikaner innerhalb der NATO. Ein Konsens wurde jedoch dahingehend erreicht, dass man angesichts der drohenden globalen Wirtschaftskrise die ökonomischen Interessen des Westens in der Dritten Welt sichern müsse - notfalls unter Einsatz militärischer Gewalt. Angesichts der hochkarätigen Besetzung sollte klar sein, dass es hier unter Umständen nicht nur bei Besprechungen bleibt. Vertreter der USA waren beispielsweise u.a. John Bolton (Unterstaatssekretär im State Department, zuständig für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit), Thomas L. Friedman (außenpolitischer Kolumnist der „New York Times“), Paul A. Gigot („Wall Street Journal“), Richard N. Haass (Planungschef des US-Außenministeriums), Henry Kissinger (Sicherheitsberater der US-Regierung sowie des Bankhauses J.P. Morgan), David Rockefeller (ebenfalls J.P. Morgan) den gefeuerten Pentagon-Berater Richard Perle, John L. Thornton (Goldman Sachs Group), Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz, Fareed Zakaria („Newsweek International“) und Robert Zoellick (Handelsberater des Präsidenten). Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang sicherlich noch der aus den USA stammende Weltbankpräsident James D. Wolfensohn. Die EU wartete mit Fritz Bolkestein (Kommissar für den Gemeinsamen Markt), Anthony J. Cary (Kabinettschef von Außenkommissar Patten) und Valéry Giscard d´Estaing (Vorsitzender der an der EU-Verfassung arbeitenden Konvention) auf. Die BRD konnte im Verhältnis zur Konferenz des Vorjahres ihr Gewicht im Teilnehmerfeld vergrößern: Der Medienmogul Hubert Burda, Hilmar Kopper als Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank, Matthias Naas als Vizeherausgeber der ZEIT, Wolfgang Schäuble als stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion, Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), Jürgen Schrempp als Vorstandsvorsitzender des DaimlerChrysler-Konzerns und Klaus Zumwinkel als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post Worldnet AG repräsentierten die Interessen des BRD-Kapitals. Mit dessen Interessen eng verflochten waren zudem Philippe Camus (Vorstandsmitglied des Raumfahrt- und Rüstungskonzerns EADS), Jean-Luis Gergorin (EAds-Vizepräsident) sowie Klaus Schwab als Präsident des Weltwirtschaftsforums.

 

Der Parteivorstand der DKP verabschiedete ein Papier zur sozialreaktionären Agenda 2010 der rosa-grünen Bundesregierung, dessen Einleitung wir hier wiedergeben wollen: „Agenda 2010 - das ist die Bankrotterklärung sozialdemokratischer Reformpolitik.
Arbeit zu Löhnen die arm machen. Heute geheuert, morgen gefeuert. Jeder ist für seine Krankheit verantwortlich und soll selbst dafür zahlen. Ein ganzes Leben gearbeitet und trotzdem arm im Alter. Alle müssen opfern für die Unternehmen und die Reichen. Das ist die Botschaft von SPD-Grün. Sie schaffen das Solidarsystem ab und vernichten den Solidargedanken in den Köpfen.
Sie sagen: Der Sozialstaat ist an seine Grenzen gekommen. Wir können uns Arbeit für alle und soziale Sicherheit nicht mehr leisten. Die Unternehmen können sich die paritätische Finanzierung der sozialen Sicherung nicht mehr leisten.
Tatsache ist: Seit den achtziger Jahren reißt die Kluft zwischen oben und unten immer weiter auf: immer mehr Geld für wenige - und weniger Geld für immer mehr. Also mehr Millionäre - und mehr Arbeitslose. »Es muß wieder rentabel sein, Arbeitssuchenden einen Arbeitsplatz anzubieten«, schreiben die, die selbst im Trockenen sitzen. Aber damit alles akzeptiert wird, muss die Arbeitslosenhilfe runter und die Sozialhilfe; das Gefühl der Sicherheit muss verschwinden, damit die Leute bereit sind, zu allen Bedingungen zu arbeiten. Und so entsteht ein Klima, in dem Marktliberale die Sozialhilfe auf Almosen umstellen, erworbene Rechte durch Nächstenliebe ersetzen wollen - die es aber in einer Gesellschaft, in der jeder der Konkurrent des anderen ist, nicht mehr gibt. Sozialdemokraten und Mittelstandsgrüne reden von »Wohltaten« und »Mißbrauch«, so, als wären Löhne und soziale Absicherung je Brocken vom Tisch der Reichen gewesen. Der »Neid der Besitzenden« zerstört Solidarität und soziale Sicherung. »Vollkasko-Mentalität« wird denen vorgeworfen, denen das Wasser bis zum Halse steht. Die soziale Sicherung ist nicht an seine Finanzierungsgrenzen gekommen, weil die Versicherten den Sozialstaat ausgebeutet haben, sondern ganz im Gegenteil, weil sie die Verlierer des Verteilungskampfes zwischen Kapital und Arbeit sind.
Bundesregierung und Unternehmer haben den Stein der Reichen entdeckt: Die Arbeiter und Angestellten zahlen die Steuern für die Konzerne und Reichen. Während eine Entlassungswelle die andere jagt, werden die Gewinne nahezu steuerfrei einkassiert. Millionäre, die noch Steuern bezahlen, wechseln den Steuerberater. Die staatliche Veranstaltung wird ganz überwiegend aus dem Geld der Beschäftigten und aus der Besteuerung ihres Konsums bezahlt. Fast zwei Drittel des Gesamtsteueraufkommens wird aus Lohnsteuer und Umsatzsteuer bestritten, während allein der Ausfall der Körperschaftssteuer ein Loch von rund 23 Milliarden Euro in das Staatssäckel reißt - jährlich. Mit dem Verzicht auf die Vermögensteuer schenkt Eichel den Reichen 15 Milliarden Euro im Jahr.
Wir sagen: Nicht »überzogenes Besitzstandsdenken« der Arbeiter und Angestellten, der Rentner, der Kranken, … belasten den Sozialstaat, sondern umgekehrt: Die Konzerne und Banken sind mit ihren Ansprüchen an Staat und Gesellschaft zu einer untragbaren Belastung aller anderen produktiven Kräfte der Gesellschaft geworden. Die Regierung fördert Banken, Konzerne und die Reichen und nutzt dazu das Geld der arbeitenden Menschen. Nicht ein Zuwenig an Geld und Kapital, sondern ein Zuwenig an Demokratie und ein Zuviel an unkontrollierter Macht der Konzerne und Banken kennzeichnen die Situation.
Da hilft nur eines: Klassenkampf zur Verteidigung des Sozialstaates und zur Einschränkung der Macht des Großkapitals
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Lagefeststellung – Beurteilung der Situation – Möglichkeiten des Handelns – Entschluss – Umsetzung – Kontrolle

 

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