Zeitgeschichte + Hintergründe

 

Falange Espanola - Nationalsyndikalismus in Spanien

 

Teil 3: Falange Espanola de las Juntas Ofensivas Nacional-Sindicalistas

Verfasser: Richard Schapke, im April 2004

 

Am 11. Februar 1934 trat der Nationalrat der Jonsistas in Madrid zusammen und diskutierte den Zusammenschluss mit der Falange Espanola. Die Mehrheit stimmte für die Aufnahme von Verhandlungen, machte aber einen radikaleren Kurs der Falangisten zur Vorbedingung. Nur zwei Tage später fusionierten die Gruppierungen zur Falange Espanola de las Juntas Ofensivas Nacional-Sindicalistas - der längste Name einer faschistischen Partei in Europa. Als Parteiführung entstand die Junta de Mando (Kommandorat), bestehend aus den Falangisten José Antonio Primo de Rivera, Ruíz de Alda, Sánchez Masas und Raimundo Fernández Cuesta sowie den Jonsistas Ramiro Ledesma Ramos und Onésimo Redondo Ortega. Für die laufenden Geschäfte war das Zentrale Exekutiv-Triumvirat unter José Antonio, Ruíz de Alda und Ledesma Ramos zuständig. Die Mitgliedsnummer 1 ging an Ramiro Ledesma Ramos, den Begründer des spanischen Nationalsyndikalismus. Als Nummer 2 folgte José Antonio, Redondo Ortega erhielt die 3 und Ruíz de Alda die Nummer 4. Nach unten hin wurde die Gliederung der JONS beibehalten. Jede örtliche Falange-Einheit wurde in eine JONS umgewandelt, und im März avancierte Fernández Cuesta zum ersten Parteisekretär.

In der Zusammenschlussvereinbarung wurde die Erarbeitung einer revolutionären wirtschaftspolitischen Linie festgelegt. Die Partei übernahm die Embleme und Slogans der JONS und damit auch deren sozialrevolutionärere Ausrichtung - vorher gab es von falangistischer Seite nur vage Erklärungen zu wirtschaftlichen Fragen. Die Fusion war effektiv, auch wenn der rechte Falangeflügel nicht glücklich damit wurde. Insgesamt wurde die Bewegung durch den Zusammenschluss mit der Falange soziologisch auf dem rechten Flügel verstärkt. Der Exkommunist Díaz wandte sich ab, da die Ausrichtung der Falange im Gegensatz zur nationalen Revolution stehe. Immerhin vollzog die Falange die Abkehr von ihrer rein rechtsgerichteten Orientierung und adaptierte den revolutionären Faschismus der JONS. José Antonio war ebenfalls nicht ganz zufrieden, erkannte aber, dass man außerhalb des rechten Blocks arbeiten musste. Die Propaganda griff den ästhetischen Tonfall José Antonios auf, aber die radikalen Inhalte Ledesmas. Eine Altersbegrenzung für die Parteimitgliedschaft auf maximal 40 Jahre grenzte die alten Monarchisten und Offiziere bewusst aus.

Am 28. Februar 1934 formulierte José Antonio in „La Nación“: „Ich gehe davon aus, dass niemand auf die Idee kommen wird, die Revolution, die ich begehre, sei die Revolte, der Aufstand der Straße und die Unordnung, die Befriedigung jenes Triebes, den oft Völker und Individuen verspüren und der darauf gerichtet ist, sich freien Lauf zu verschaffen. Nichts ist weiter entfernt von meinen ästhetischen Neigungen und, noch mehr, von meinem politischen Empfinden. Politik ist eine große Aufbauarbeit...Wer eine Revolution vermisst, besitzt schon gewöhnlich in seinem Geist den Vorplan einer neuen politischen Architektur, und gerade um diese durchzusetzen, muss er in jedem Augenblick...Herr aller Aufbauwerkzeuge bleiben. Mit anderen Worten: Die gut gemachte Revolution, diejenige, welche zu einem ernsten und harten Umsturz führt, trägt als formales Merkmal die Ordnung.
Nun aber, die Ordnung allein kann eine Generation nicht begeistern. Unsere Generation will eine neue Ordnung. Sie ist nicht mit der etablierten Ordnung zufrieden. Sie ist deshalb revolutionär. Und diese Revolution, diese lang ersehnte und doch nicht erfolgte Revolution, wird man sie umgehen, wird man sie vermeiden können...? Das ist absurd; die Revolution ist schon da und es bleibt nichts anderes übrig, als mit ihr zu rechnen. Wir leben in revolutionärem Zustand. Und dieser revolutionäre Zustand kann nur einen doppelten Ausgang haben: Entweder bricht er grollend und giftschäumend da aus, wo man ihn weniger erwartet, oder man bringt ihn auf den rechten Weg im Sinne eines Interesses für die Totalität, für die Nation - ein gefährliches Unternehmen, wie alles Große, aber ein Unternehmen voll fruchtbarer Verheißungen
."

Auf dem ersten Parteitreffen in Valladolid kamen bis zu 3000 Personen zusammen. José Antonio griff die orthodoxe Rechte scharf an und erklärte, man werde keinesfalls die Sturmtruppen der Reaktion stellen und nicht die Kastanien aus dem Feuer holen, während die Reaktionäre in ihren Kasinos dahinvegetierten. Das Gerede vom korporativen Staat nach italienischem Vorbild reiche nicht aus, man müsse vielmehr in Spanien wieder Optimismus, Selbstvertrauen und ein klares und energievolles Projekt eines gemeinsamen Lebens schaffen. "Vorsicht mit dem korporativen Staat, Vorsicht mit all diesen gefühllosen Dingen, die euch viele sagen werden, danach trachtend, dass wir uns in eine weitere Partei verwandeln...Wir begnügen uns nicht damit, den Staat auf eine andere Weise zu gestalten. Was wir wollen ist, Spanien einen Optimismus, einen Glauben an sich selbst, eine klare und entschiedene Linie des Gemeinschaftslebens zurückzugeben. Deshalb ist unsere Vereinigung keine Partei: Sie ist eine Miliz. (…) Die politischen Parteien entstehen an dem Tag, an dem das Bewusstsein verloren geht, dass es über den Menschen eine Wahrheit gibt, unter deren Zeichen die Völker und die Menschen ihre Mission im Leben erfüllen. Diese Völker und Menschen wussten, bevor die politischen Parteien entstanden, dass über ihren Köpfen die ewige Wahrheit stand und in Antithese zur ewigen Wahrheit die absolute Lüge. Aber es kam der Moment, an dem man den Menschen sagte, dass weder die Lüge noch die Wahrheit absolute Kategorien sind, dass alles diskutiert, alles durch Abstimmen gelöst werden kann. Dann kann durch Abstimmung entschieden werden, ob das Vaterland vereint bleiben oder sich selbst zerstören soll, ja sogar ob Gott existiert oder nicht. (…) Wir setzen eine Norm aller unserer Handlungen über die Interessen der Parteien und Klassen. Wir setzen diese Norm und hierin liegt der tiefste Gehalt unserer Bewegung, in der Idee von einer umfassenden Integrität der Bestimmung, die sich Vaterland nennt. Mit diesem Konzept von Vaterland, bedient durch das Instrument eines starken Staates, der weder einer Partei noch einer Klasse gefügig ist, ist das Interesse, welches triumphiert, dasjenige der Integration aller in jener Einheit und nicht das momentane Interesse der Sieger." Der Faschismus erschien als die Idee der Rückbesinnung auf die eigene Nation, unter welcher Spanien sich wieder zu alter Größe aufschwingen könne. Zum Nachahmungsvorwurf äußerte José Antonio, eine derartige Rückbesinnung könne niemals eine Nachahmung des deutschen oder italienischen Vorbildes sein.

Nach der Veranstaltung kam es zu Straßenschlachten mit der Linken, bei denen ein Falangist getötet wurde. In den Folgetagen kam es zu weiteren Morden in Gijón und Madrid. Dennoch war die Führung zufrieden. Auf Vorschlag José Antonius duzten sich alle Parteimitglieder fortan - in Spanien ein sehr ungewöhnlicher Schritt. Nach dem Vorbild der Linken wurde die Anrede camarada eingeführt. Die Parteiführung bekannte sich offen zur politisch motivierten Gewaltanwendung, die in Spanien ohnehin immer weiter radikalisierte Linke reagierte prompt. Nach einer Serie weiterer Zusammenstöße verhängten die Behörden mehrerer Provinzen ein Betätigungsverbot für die Partei. Am 10. April 1934 scheiterte ein Mordanschlag mit Sprengsätzen und Pistoleros auf José Antonio. Dieser lieferte sich eine Schießerei mit den Angreifern und schlug sie in die Flucht. Weitere Mordaktionen scheiterten im Juni. José Antonio besaß die außerordentliche Tapferkeit seines Vaters. Er bewahrte sogar weiterhin die Gelassenheit und mahnte zur Zurückhaltung. Mittlerweile trug er allerdings stets eine Waffe, die er gut zu gebrauchen wusste.

Nach Kontaktaufnahme mit der deutschen Botschaft reiste José Antonio diskret nach Deutschland, fühlte sich jedoch auch nach diesem Besuch weiterhin stärker zu Italien hingezogen. Das Aushängeschild der Bewegung reiste nach Großbritannien weiter und traf dort mit Sir Oswald Mosley zusammen, der jedoch bald von Ledesma Ramos heftig als billiger Plagiator des italienischen Vorbildes bald darauf attackiert wurde. Im Sommer hörte die Falange auf, sich in ihrer Propaganda als faschistisch darzustellen. José Antonio übte zuweilen heftige Kritik an Hitler, den er als Endprodukt der Demokratie ansah. Zudem lehnte die Bewegung den Biologismus der Nationalsozialisten ab "Dass man uns nicht mit dem Thema Rasse kommen soll, ist richtig: Das spanische Reich war nie rassistisch; sein unermesslicher Ruhm bestand darin, Menschen aller Rassen zu einem gemeinsamen Heilsunternehmen zu vereinigen."

Im Mai 1934 wurden die Statuten für die Mitgliedschaft veröffentlicht. Die Mitglieder teilten sich fortan in aktive Militantes und passive Adheridos. Letztere durften nur zweitrangige Aufgaben in der Partei wahrnehmen. Alle gesunden Militantes hatten sich auch in der Primera Línea zu betätigen, die Segunda Línea kümmerte sich eher um Propaganda und Geldsammlungen. Schon der erste Aufmarsch der Parteimiliz am 3. Juni 1934 auf dem Flugplatz von Carabanchel wurde von der Polizei aufgelöst, die Parteiführer erhielten Geldstrafen. Ansaldos Falange de la Sangre hatte zwar mit Finanzierungsproblemen zu kämpfen, sollte sich aber als weitaus schlagkräftiger als die Primera Línea erweisen. Vor allem gelang es Ansaldo endlich, das terroristische Segment der Bewegung von Verrätern und Spitzeln zu säubern. Wie bei den JONS bestanden maßlos übertriebene Organisationsstrukturen. Verwirklicht wurden nur die escuadras de acción aus zehn Mitgliedern und einem Führer sowie die Falanges aus drei Escuadras und die Centurias aus drei Falanges. Verbotsverfügungen wurden umgangen, indem man sich in Sportvereinen etc. organisierte. Im Sommer etablierte José Antonios jüngere Schwester Pilar Primo de Rivera die Sección Féminina, die Frauenabteilung der Bewegung. Die Falange vollzog den Anschluss an das Comitati d´Azione per la Universalità di Roma CAUR, die faschistische "Internationale". Vergebens versuchten die Italiener, ein gruppenübergreifendes CAUR-Komitee unter Giménez Caballero in Spanien zu schaffen.

Als am 10. Juni bei einem Zusammenstoß mit Jungsozialisten am Stadtrand von Madrid der 18jährige Falangist Juan Cuéllar als mittlerweile 15. oder 16. Blutzeuge der Bewegung ermordet und seine Leiche von den Sozialisten geschändet wurde, schlug die Falange de la Sangre sofort zurück. Ansaldos Männer lauerten den mit einem Reisebus heimkehrenden Mördern auf und revanchierten sich mit einem Feuerüberfall, wobei es eine Tote und mehrere Schwerverletzte gab - der erste Mord an einem Linken durch spanische Nationalsyndikalisten. Nunmehr kam der an eine Stadtguerrilla erinnernde Kleinkrieg zwischen Falangisten und Sozialisten richtig in Schwung. Bis zum Monatsende konnte José Antonio noch einen geplanten Mordanschlag der Militantes auf den Sozialistenführer Prieto verhindern, ebenso den Plan, mit einer 50-Kilo-Bombe das sozialistische Volkshaus in Madrid dem Erdboden gleichzumachen. Nachdem Ansaldos Adjutant Manuel Groizard bei einem Anschlag verwundet wurde, nahm die Falange offen den Schlagabtausch an, und José Antonio stimmte den von den Ruiz, Ledesma, Ansaldo und Redondo geforderten Vergeltungsaktionen nunmehr zu. Die tödliche Gewalt wurde den Falangisten von links aufgezwungen.

Die republikanische Regierung griff zu polizeilichen Maßnahmen gegen die Nationalsyndikalisten. Das Hauptquartier in Madrid wurde Ziel einer Razzia, unter den 67 Festgenommenen befanden sich auch die beiden Parlamentsabgeordneten der Partei. Kurz danach ordnete die Regierung Lerroux die Schließung aller Falange-Zentren an, verbot alle Publikationen der Partei und verhängte ein Verbot öffentlicher Versammlungen. Zudem durften Jugendliche unter 16 Jahren fortan keiner politischen Organisation mehr beitreten, für nicht Volljährige (also unter 23 Jahren) war nun die Zustimmung der Eltern erforderlich. Das Studentensyndikat SEU fing die jüngeren Studenten und Schüler als Mitglieder auf.

Dennoch steckte die Falange in der Krise. Sie befand sich in einem erbitterten Kampf, in dem sie keine echten Fortschritte machte. José Antonio war infolge einer gewissen Naivität nicht auf die Radikalität des Kampfes vorbereitet, oftmals grenzte sein Verhalten an Verantwortungslosigkeit. Er wollte überzeugen, nicht zwingen. Zustimmung und Zulauf kamen zum Stillstand, und die Bewegung war isoliert, denn José Antonio blieb Einzelabgeordneter und erklärte, die Falange lehne die Rechte ebenso sehr ab wie die Linke. Inner- und außerhalb der Falange stiegen die Spannungen zwischen José Antonio und den Monarchisten. Deren Führer Calvo Sotelo strebte nach Annäherung an die Falange und ersuchte sogar um die Mitgliedschaft. Ruíz de Alda und sogar Ledesma Ramos befürworteten die Aufnahme, aber José Antonio sprach sich strikt dagegen aus. Calvo Sotelo verriet seinen Vater, zudem wollte er einen Konkurrenten um die Führung fernhalten. José Antonio kritisierte ihn auch als einen reaktionären Vertreter der Großbourgeoisie und der Aristokratie.

Im Juli erreichten die Spannungen zwischen José Antonio auf der einen und den rechtsgerichteten und extremistischen Elementen in der Partei ihren Höhepunkt. Wortführer der Kritiker war Ansaldo, der ihm moderate Einstellung und mangelnde Militanz vorwarf und gar seine gewaltsame Ausschaltung durch die Falange de la Sangre plante. Den Meuterern schwebte die Installation Ruíz de Aldas als Parteichef und Ledesmas als Generalsekretär vor. José Antonio bekam Wind von den Plänen und zitierte Ansaldo vor die Parteiführung. Er hatte den Großteil der Madrider Parteimitglieder hinter sich, dazu Sánchez Mazas und Fernández Cuesta. So konnte er gegen den Widerstand von Ruíz und Ledesma mit der Drohung der Parteispaltung den Ausschluss Ansaldos erreichen, dem einige Monarchisten folgen.

Zu dieser Zeit äußerte José Antonio auf Saalveranstaltungen: „Spanien ist unwiderrufbar. Die Spanier können über sekundäre Dinge entscheiden, jedoch in Bezug auf Spaniens Wesen selbst haben sie nichts zu entscheiden. Spanien ist unser im Sinne eines Erbgutes. Unsere Generation ist nicht die absolute Besitzerin Spaniens. Sie hat es erhalten von der Anstrengung vorangegangener Generationen und hat es als geheiligten Depositum den folgenden zu übergeben. Wenn sie diesen Moment des Durchgangs durch die Kontinuität der Jahrhunderte nutzte, um Spanien in Stücke zu teilen, würde unsere Generation an den zukünftigen den missbräuchlichsten Betrug, den treulosesten Verrat begehen, den man sich vorstellen kann. Die Nationen sind keine Verträge, kündbar durch den Willen derer, die sie geschlossen haben: Sie sind Stiftungen mit einer Substantivität und hängen weder vom Willen weniger noch vom Willen vieler ab. (…) Das Wesentliche einer Bewegung ist dies: eine beständige Norm zu finden, die als Maßstab zur Regulierung der Rechte und Pflichten der Menschen und der Gruppen dient. Ich will damit sagen: die Kämpfe der Parteien und Klassen zu ersetzen durch eine organische Struktur, die die Anstrengung aller im gemeinsamen Dienst des Vaterlandes führt...Wir können es nicht zulassen, dass die Arbeiter weiterhin vergiftet werden von Hass und Rachsucht, noch können wir uns damit abfinden, in einem Spanien ohne Glauben zu leben, gespalten in Ideen, Parteien und Klassen. Deshalb predigen wir den Glauben an Spanien, an seine Unsterblichkeit und an seine universale Bestimmung."

Durch einen detaillierten Pakt mit der monarchistischen Renovación Espanola sicherte José Antonio am 20. August 1934 weitere Finanzhilfe. Die Falange sicherte zu, die RE und den Monarchismus nicht zu bekämpfen. Für 10.000 Pesetas im Monat verkaufte José Antonio erneut den Geist des Nationalsyndikalismus. In die gleiche Zeit fiel auch die erste briefliche Kontaktaufnahme zwischen José Antonio und dem späteren Militärdiktator General Franco. Mit Hilfe der monarchistischen Gelder machte die Partei sich nun an den Ausbau der nationalsyndikalistischen Gewerkschaft Confederación de Obreros Nacional-Sindicalistas CONS. Die CONS erklärte ihre volle Übereinstimmung mit politischen Forderungen der Linken, wollte diese aber um nationalistische Prioritäten bereichern. José Antonio agitierte auf dem Land, Ledesma Ramos als Vater des Gedankens dachte hingegen an eine proletarisch-städtische Basis. In Madrid, Valladolid und Zaragoza entstanden die ersten Syndikate der CONS, welche energisch von den Linken bekämpft und von den Unternehmern mit Misstrauen betrachtet wurden. Die durchaus mögliche Organisation interessierter Arbeitsloser in Madrid unterblieb, und die am 1. November 1934 angekündigte Organisation eines Arbeitgebersyndikats scheiterte vollkommen. Im Parteiorgan „Falange Espanola“ proklamierte Fernández Cuesta im August: „…wenn das kapitalistische System in diesem Zustand, in dem es sich befindet, absolut unfähig ist, den größten Teil der Probleme zu lösen, die sich heute allen Nationen stellen, so will das keineswegs besagen, dass es nicht höchst nützliche Elemente besitzt, wenn man sie auf ihre natürlichen Dimensionen reduziert und in eine den modernen Erfordernissen adäquatere Organisation einfügt..."

Ledesma und Ruíz forderten nach wie vor eine aggressivere, demagogischere und revolutionärere Politik. Ledesma begrüßte zwar die von José Antonio organisierte Serie von Provinzialkonferenzen, blieb ihnen aber fern. Er kannte die Verärgerung von Ruíz über den Hinauswurf seines Kameraden Ansaldo und drängte diesen, gemeinsam José Antonio loszuwerden. Dessen Stellung war jedoch weiterhin stark, denn er und nicht Ledesma war die charismatische Führerpersönlichkeit. Beide Rivalen konnten ihm in puncto öffentlicher Wirkung bei weitem nicht das Wasser reichen. Zudem mussten die Herausforderer zeitweilig untertauchen, während José Antonio von seiner parlamentarischen Immunität profitierte.

José Antonio ergriff die Initiative und berief die Junta de Mando für den 28. August 1934 ein. Diese billigte die Einberufung des 1. Nationalkongresses (Consejo Nacional) für den 4. bis 7. Oktober 1934 nach Madrid. Der Parteitag sollte die Parteistatuten vervollständigen, ein offizielles Parteiprogramm verabschieden und entscheiden, ob die Bewegung weiter kollektiv oder von einem jefe único, einem einzigen Führer, geleitet wurde. In der Zwischenzeit wurden die Funktionen der Junta de Mando und des Exekutivtriumvirats zugunsten der alleinigen Führung durch José Antonio suspendiert.

Die 53 stimmberechtigten Delegierten des 1. Nationalkongresses waren teils vom Triumvirat benannt, teils verdankten sie ihre Funktion den Ämtern in Parteizentrale und Provinzialgliederungen. Auf Aufforderung brachten sie zahlreiche Memoranden zu doktrinären und strukturellen Problemen ein, und schon am ersten Tag wurde die Führungsfrage debattiert. Ledesma Ramos und Jiménez Caballero wehrten sich mit Entschiedenheit gegen die Berufung eines unabsetzbaren jefe único mit Anspruch auf absoluten Gehorsam. Sie verwiesen auf den Pluralismus der spanischen Geschichte und das alte Prinzip der Kollektiven Führung. Am zweiten Tag wurden die neuen Parteistatuten gegen den Ledesma-Flügel verabschiedet. Bei der Abstimmung über die jefatura única gab die Stimme des jüngsten Delegierten den Ausschlag. Jesús Suevos, gleichzeitig Sekretär des Nationalkongresses, stimmte als letzter. José Antonio enthielt sich, aber die jefatura única war durchgesetzt.

Der erst 31jährige José Antonio wurde umgehend und ohne Diskussion gewählt. Er übernahm sofort das faktisch bereits von ihm bekleidete Amt und erklärte, das Handeln des Kongresses habe die Bewegung vor dem Zerfall gerettet. Als erste Amtshandlung ernannte er den Statuten gemäß den Präsidenten und die Hälfte der Mitglieder des neuen Parteivorstandes, der Junta Política, die anderen 6 Mitglieder wurden durch den Nationalkongress ernannt. Mit einem geschickten Schachzug machte José Antonio seinen Widersacher Ledesma Ramos zum Präsident der Junta Política, die nun das Programm der Partei erarbeiten sollte. Die von den Jonsistas stammenden Symbole und Parolen der Bewegung wurden bestätigt, man trug fortan auf Vorschlag von Ruíz de Alda das marineblaue Hemd der Mechaniker. Die Einführung des italienischen Schwarzhemdes wurde abgelehnt. Da das Parteiprogramm wird nicht vollständig erarbeitet werden konnte, beendete Ledesma Ramos den Entwurf, der von José Antonio wieder abgeändert und im November 34 verkündet wurde. Die veintisiete puntos, die „27 Punkte“ entsprachen dem Idealbild einer faschistischen Bewegung. Das Programm systematisierte die bestehende Doktrin und distanzierte die Falange von der nichtfaschistischen Rechten. Redondo Ortega als Frontmann des rechten Flügels leistete vergebens Widerstand gegen die 27 Punkte. In José Antonios Augen trennte der revolutionäre Charakter des Programms die Falange fortan sowohl von der Rechten als auch vom Faschismus.

 

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